Neues Seenotrettungsboot „Otto Diersch“ in Norddeich

Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) hat 2020 ein neues 10,1-Meter-Seenotrettungsboot auf ihrer Freiwilligen-Station Norddeich in Dienst gestellt. Das Boot mit dem Namen „Otto Diersch“ ersetzte die 1999 gebaute „Wilma Sikorski“.

Otto Diersch
Neues Seenotrettungsboot „Otto Diersch“ in Norddeich

Namensgebung und Hintergrund

Die „Otto Diersch“ ist nach dem Gründer der Bremer Firmengruppe Diersch & Schröder benannt. Das Unternehmen ermöglichte den Neubau des Seenotrettungsboots anlässlich seines 100-jährigen Bestehens. Die feierliche Taufzeremonie für die „Otto Diersch“ fand bei der DGzRS in Bremen statt, bevor das Boot seinen Einsatzort in Ostfriesland antrat. Mit der Indienststellung des neuen Bootes setzt die DGzRS ihre über 150-jährige Tradition der professionellen Seenotrettung an der deutschen Nordseeküste fort.

Technische Ausstattung der „Otto Diersch“

Die „Otto Diersch“ ist ein hochmodernes Seenotrettungsboot der 10,1-Meter-Klasse. Es wurde von der Fachstelle Schiffbau der DGzRS entwickelt und auf der Werft Dröhnen in Brake gebaut. Das Boot ist mit einem 500 PS starken Dieselmotor ausgestattet, der eine Höchstgeschwindigkeit von 25 Knoten (rund 46 km/h) ermöglicht. Die Reichweite beträgt etwa 200 Seemeilen. Für Einsätze bei Nacht ist es mit modernen Navigations- und Kommunikationsgeräten sowie Suchscheinwerfern ausgerüstet.

Die Selbstaufrichtungsfähigkeit des Bootes ist ein wichtiges Sicherheitsmerkmal. Selbst wenn es durch eine Welle umgeworfen werden sollte, richtet es sich dank seiner speziellen Formgebung und Massenverteilung innerhalb kurzer Zeit wieder auf. An Bord befinden sich Überlebensanzüge, Rettungswesten und Rettungsinseln für die vierköpfige Besatzung sowie Platz für bis zu 20 Schiffbrüchige. Ein Festrumpfschlauchboot ermöglicht die Bergung von Menschen aus dem Wasser.

Einsätze und Bedeutung

Die Seenotrettungsboote der DGzRS werden im Notfall rund um die Uhr alarmiert. Sie rücken aus, um Schiffbrüchige aus Seenot zu retten, egal bei welchen Wetterbedingungen. Die Besatzungen bestehen aus speziell ausgebildeten Freiwilligen. Jährlich werden die Seenotretter der DGzRS zu rund 2.000 Einsätzen gerufen. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Sicherheit auf den deutschen Gewässern. Die „Otto Diersch“ wird von der Station Norddeich aus im Bereich der Ostfriesischen Inseln und der Ems-Mündung eingesetzt.

Seenotrettung in Norddeich

Die Freiwilligen-Station Norddeich ist eine der ältesten und traditionsreichsten Seenotrettungsstationen der DGzRS. Sie wurde bereits 1861 gegründet und ist damit die zweitälteste Station nach Borkum. Von Norddeich aus werden die Seegebiete vor den Ostfriesischen Inseln sowie die Emsmündung abgedeckt. Dieser Bereich zählt zu den Revieren mit den meisten Einsätzen für die Seenotretter. Gründe sind der rege Schiffsverkehr sowie die gefährlichen Untiefen und Strömungen.

Die Besatzungen der „Otto Diersch“ und der ebenfalls in Norddeich stationierten 20-Meter-Seenotrettungskreuzer müssen jederzeit einsatzbereit sein. Neben der Rettung von Schiffbrüchigen gehören auch die Bergung von Schiffswracks und Ölbekämpfung zu ihren Aufgaben. Für ihre selbstlosen und gefährlichen Einsätze zur Rettung von Menschenleben auf See erhalten die Seenotretter keine Bezahlung. Sie leisten ihren Dienst ausschließlich auf Basis des Ehrenamts und der Freiwilligkeit.

Finanzierung der DGzRS

Die DGzRS ist eine gemeinnützige Organisation und finanziert sich ausschließlich durch Spenden und Zuwendungen. Weder der Bund noch die Länder beteiligen sich an den Kosten für die Seenotrettung. Rund 30 Millionen Euro pro Jahr sind erforderlich, um den Betrieb der 60 Rettungseinheiten und 180 Mitarbeiter aufrechtzuerhalten. Dazu kommen Investitionen in neue Boote und Ausrüstung. Großspenden wie die der Bremer Firmengruppe Diersch & Schröder für das neue Seenotrettungsboot „Otto Diersch“ sind daher von großer Bedeutung. Auch viele Einzelspender und Fördermitglieder tragen mit ihren Beiträgen zur Finanzierung der lebenswichtigen Seenotrettung bei.

Geschichte der Seenotrettung in Deutschland

Die Ursprünge der organisierten Seenotrettung in Deutschland gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück. 1865 wurde in Kiel die „Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger“ gegründet, die heutige DGzRS. Zuvor gab es lediglich vereinzelte private Initiativen zur Rettung Schiffbrüchiger. Mit der Gründung der DGzRS begann der Aufbau eines landesweiten Netzes von Rettungsstationen entlang der Küsten. In den folgenden Jahrzehnten wurden immer mehr Stationen errichtet und mit modernen Seenotrettungsbooten ausgestattet. Die Technik entwickelte sich ständig weiter, um die Rettungschancen zu erhöhen.

Heute verfügt die DGzRS über 60 Stationen entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste. Die Flotte umfasst hochseetaugliche Seenotrettungskreuzer sowie kleinere Boote für die Küstengewässer. Jährlich werden rund 2.000 Einsätze gefahren. Über 180 Mitarbeiter und rund 800 Freiwillige sind im Einsatz, um bei Seenotfällen schnellstmöglich Hilfe zu leisten. Seit ihrer Gründung hat die DGzRS mehr als 85.000 Menschen aus Seenot gerettet.

Internationale Zusammenarbeit

Die Seenotrettung kennt keine Grenzen. Daher arbeitet die DGzRS eng mit anderen nationalen Seenotrettungsorganisationen zusammen, insbesondere im Bereich der Nordsee. Regelmäßige Übungen und der Austausch von Erfahrungen und Wissen dienen der Optimierung der Rettungsabläufe. Bei größeren Einsätzen unterstützen sich die Organisationen gegenseitig.

Auf internationaler Ebene ist die DGzRS Mitglied der „International Maritime Rescue Federation“ (IMRF), dem Weltverband der Seenotrettungsorganisationen. Hier werden globale Standards und Best Practices erarbeitet. Die enge Kooperation über Ländergrenzen hinweg hilft, die Sicherheit auf den Weltmeeren zu erhöhen und im Notfall möglichst viele Menschenleben zu retten.